Die Schüler im Jahrgang 12 befassen sich im Seminarfach Schiffbau sowohl mit theoretischen Aspekten des Schiffbaus (Schiffsdesign, Strömungswiderstände, …), als auch mit Problemen im Schiffbau aus der Praxis. Im Rahmen der Vertiefung der theoretischen Aspekte besuchten wir nach einer entsprechenden Vorbereitung im Seminarfach in der Schule im September 2024 die Hochschule Emden-Leer.
Am Standort Leer empfing uns Prof. Marcus Bentin, der Dekan des Fachbereiches „Seefahrt und Maritime Wissenschaften“. Nach einer Einführung in die Inhalte des Studiums im Fachbereich und einer kurzen Führung durch die Räumlichkeiten des „Maritimen Technikums“ beschäftigten sich die Schüler an den zwei Exkursionstagen mit den Themen „Schiffsstabilität“ und „Strömungswiderstand“.
Am Montag wurde mit Fragestellungen zur Schiffsstabilität begonnen und hier z. B. den Fragen nachgegangen, warum ein Schiff eigentlich schwimmt (Archimedisches Prinzip) und unter welchen Umständen das Schiff stabil im Wasser schwimmt, oder es schlimmstenfalls zu einem Kentern kommen kann (Frage des Schwerpunktes). Zunächst brachte Prof. Bentin den Schülern die theoretischen Grundlagen in einer speziell für sie angepassten Vorlesung näher. Hier wurde bereits deutlich, dass man in ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen ein gutes mathematisches und physikalisches Vorwissen benötigt, um den teilweise komplexen Rechnungen folgen zu können.
Auch wurde während der Vorlesung klar, dass die Lage des Schwerpunktes (und damit die Stabilität) eines Schiffes mit seiner komplexen Geometrie in der Regel nicht mehr einfach berechnet werden kann, sondern mit speziellen Computerprogrammen simuliert werden muss. Doch dies ist ebenfalls nicht ausreichend, sondern muss mit den Daten aus einem Krängungsexperiment des fertigen Schiffes abgeglichen werden.
Ein solcher Versuch wurde mit einem Ponton durchgeführt, der einseitig beladen und dessen Krängung (Neigung zur Seite) gemessen wurde. So konnten die Daten aus der Rechnung, der Simulation und dem Experiment verglichen und eine gute Übereinstimmung festgestellt werden.
Am Freitag stand der Strömungswiderstand auf dem Programm. Beim Entwurf eines Schiffes muss die Form einerseits dem Einsatzgebiet des Schiffes angepasst werden, andererseits soll der Rumpf im Wasser auch keinen unnötig großen Widerstand erzeugen und so zu einem höheren Kraftstoffverbrauch führen.
Auch zu diesem Thema gab es zunächst wieder eine theoretische Einführung, in der deutlich wurde, dass Ergebnisse aus einem Modellversuch im Schlepptank nicht einfach auf das reale Schiff übertragen werden können, sondern immer mit Fehlern behaftet sind und daher um Simulationen und reale Messungen ergänzt werden müssen.
Zur Vorbereitung des Schleppversuchs musste das Modell durch Beladen mit Gewichten zunächst auf den richtigen Tiefgang eingestellt werden. Schnell fanden sich hierfür zwei todesmutige Schüler, die sich in die Wathosen warfen und den Fluten des Strömungskanals trotzten. Nachfolgend wurde das Modell mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten durch den Tank geschleppt und mit einer komplexen Sensorik die Widerstandskraft gemessen, die nachfolgend mit den Werten aus einer Simulation verglichen wurde.
Insgesamt verbrachten wir zwei sehr interessante, aber auch anspruchsvolle Tage an der Hochschule, in denen wir viel über die theoretischen Aspekte des Schiffbaus lernen und am Rande auch Einblicke in aktuelle Forschungsprojekte der Hochschule gewinnen konnten. Es war für alle eine bereichernde Erfahrung. An dieser Stelle möchten wir uns noch einmal explizit bei Prof. Bentin und seinem Team bedanken, die diese Exkursion neben dem normalen Hochschulbetrieb mit großem Engagement vorbereitet haben.